Kunstwerke live zu erleben ersetzt nichts! Die Ausstellung von Wolfgang Tillmans in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel malt mir dies wieder einmal mehr vor Augen: Kunstwerke bzw. Fotos im Original sind in ihrer Grösse, Farbigkeit, Aussage und ihrem Inhalt eindeutig ein Erlebnis. Anschliessend will man die Eindrücke festhalten und klammert sich an den Ausstellungskatalog. Aber es hilft nichts! Auf Papier gedruckt (auch wenn die Qualität hervorragend ist) bleiben die Kunstwerke bzw. wie in diesem Fall die Fotos für mich irgendwie emotionslos. Irgendwie fehlen die "Ahhs" und "Ohhs" und die "Ahas".
Im Fall von Tillmans Arbeiten hatte ich einige dieser Glücksmomente. Manchmal musste ich ein Foto lange betrachten, bis ich einigermassen erfasst hatte, was dort zu sehen ist. Fotos, die das gewohnte Format von 9x13 cm verlassen, sind irgendwie beeindruckend. Tillmans hat einen offenen Blick auf das Leben. Er schämt sich nicht, auch mal ganz genau und nah hinzuschauen. Das fasziniert mich! Seine Arbeiten haben so etwas Ehrliches und auch Poetisches. Mit Kunst muss man sich vor Ort auseinandersetzen, damit der Horizont sich erweitert. Man muss sich Zeit geben und sich Zeit nehmen.
Horizonterweiterung durch Museumsbesuche - das ist immer mein Anliegen, wenn ich Kunstprojekte mache. Egal in welchem Alter, bei den meisten Menschen hat Kunst und dann noch im Museum keinen guten Eindruck hinterlassen, weder der Inhalt noch der Ort. Das ist schade!
Aber heute bin ich wieder ermutigt und fühle mich bestätigt, dass Kunst in der Schule den Dialog mit dem Originalen im Museum suchen muss. Danke Wolfgang Tillmans!
Ein 8 - wöchiges Kunstspiel Projekt mit einer klaren Aufgabenstellung und 25 Kindern war eine Herausforderung, die Spass gemacht hat. In der Schule Oberbottigen bei Bern durfte ich bis vor den Frühlingsferien die Kinder durch einen kreativen Prozess begleiten, der für alle neu und teilweise überraschend war.
Mir war wichtig, dass die Kinder zu Beginn des Projekts ihre Zurückhaltung und Vorsicht hinter sich lassen konnten, um frei neue Fähigkeiten zu entdecken.
Mit dicken Faserschreibern konnten sie erste Linien und Muster auf die grossen (120x160)leeren Leinwände zeichnen. Die ersten vorsichtigen Striche wurden immer mutiger und kräftiger bis die Phase des unkontrollierten Kribbelns das Ganze beendet hat. Der spielerische Einstieg hat gut getan!
In einem nächsten Schritt kam Farbe ins Spiel. Auf drei verschiedene Arten haben wir die Leinwände weiter bearbeitet : giessen und fliessen lassen, verteilen, rollen. Dieser Entwicklungsschritt war kurz aber hat auch viel Spass gemacht: "Da passiert etwas!". Die Linien spielen nun mit den Farbflächen zusammen.
Wir haben dann gemeinsam nach Verdichtungen und Ansatzpunkten für den nächsten Schritt gesucht. Was entdecken wir auf der Leinwand? Tiere, Menschen Fabelwesen, Gebäude?
Die Leinwände haben in dieser Zeit eine enorme Verwandlung durchgemacht. Um festgefahrene Betrachtungsweisen noch einmal ins Wanken zu bringen, habe ich die Kinder entscheiden lassen, ob sie bereit wären ihre Leinwand mit einer anderen Gruppe zu tauschen. Erstaunlicherweise waren fast alle mit der Idee einverstanden. Das hat der weiteren Entwicklung gut getan!
Wir haben uns weiter von der Ruhe ins Chaos vorgearbeitet; sind zurückgekehrt zu einer neuen Bildordnung und einem neuen Motiv; und haben mit Farbe und weiteren Details am Endergebnis weitergearbeitet.
Der Schaffensprozess ist eine neue Erfahrung für die Kinder und stärkt auch des Klassengefüge . Die Leinwände haben am Ende viele Schichten. Die Bilder sind dicht und reich in der Formensprachen und am Ende finden alle ihren Platz im Treppenhaus des Schulhauses. Gut gemacht!
"Ich fand das Kunstprojekt spannend, lustig, vielseitig. Ich habe von ihnen sehr viel lernen können. Ich fand es sehr spannend das aus einem Kribbelkrabbel so etwas wird. Das hat mich beeindruckt." N.B.
Sonnige Grüsse
Heike
Ein neuer Anfang mit diesem Blog. Ich schreibe gern, aber leichter fällt es mir in Bildern zu sprechen. Trotzdem probiere ich es wieder, da in Kürze zwei neue Projekte an Schulen starten werden und auch meine eigene Arbeiten sich entwickeln und es deshalb viel zu berichten gibt.
Die letzten Wochen und Monate konnte ich mich ausgiebig meinen eigenen Arbeiten widmen. Nun wird es Zeit meine eigenen Erfahrungen in die neuen Projekte einzubringen.
Bildnerisches Gestalten in der Schule ist wirklich anders, als die Arbeit in meinem Atelier. Aber Kreativität und Individualität ist hier wie dort wichtig. Ich will meine eigene Bildsprache entwickeln und in der Schule ist dies auch unbedingt wichtig. Kreativität ist nicht die Regel im "Kunstunterricht" an Schulen. Hier und da gibt es engagierte und interessierte Lehrinnen und Lehrer, die ihren Schülerinnen und Schülern dies wünschen. Dort finden Kunstprojekte statt.
Malen und Zeichnen kann man trainieren! Es braucht definitiv eine Strategie, wie Kreativität im BG Unterricht gefördert und entwickelt werden kann, denn es gibt niemanden, der nicht kreativ ist und keine eigene Bildsprache hat. In der Kunst gibt es kein richtig und falsch! Aber irgendwie ist diese Ansicht noch nicht im Schulunterricht angekommen, da das Schulsystem eine Note vorsieht und es dadurch auch irgendwie eine Bewertung und Kriterien geben muss, um die Benotung zu untermauern.
Dies ist der Grund warum ich die Arbeit an Schulen mit Kindern besonders geniesse. Während eines Semesters kann man das Aufbrechen der Kategorien von richtig oder falsch, schön oder hässlich richtig knacken hören. Das Foto von den Schmetterlingspuppen ist so ein gutes Bild dafür. Was passiert, wenn man dem Einzelnen erlaubt sein kreatives Potential zu entfalten? Egal ob in der Schule mit Kindern und Jugendlichen oder während eines Kreativitätstrainings mit Erwachsenen die Freiheit und Leichtigkeit nimmt mit der Dauer des Projekts oder Workshops zu. Die Geschichte "Ein Bild für den König" aus einem früheren Blog Eintrag spiegelt es wieder. Kreativität braucht Zeit und Raum, um sich zu entwickeln. Es ist eine stille Sprache, die aber oft authentischer ist, als das gesprochene oder geschriebene Wort.
So stehe ich nun vor der Herausforderung mit einer 5./6. Klasse innerhalb von 8 Wochen eine Wandgestaltung für das Schulhaus zu erschaffen und mit einer anderen Klasse 15 Wochen lang in die Welt der Kunst einzutauchen und das eigene Potential zu aktivieren und den Spass an Stift, Pinsel, Papier und Farbe zu wecken. Herausforderungen bringen auch meine eigenen Arbeiten voran und deshalb freue ich mich auf die nächsten 5 Monate!
Herzlichst
Heike
Gefunden und gespielt!
Meine neueste Errungenschaft (inzwischen nicht mehr ganz so neu): ein Pappschachtel mit unglaublich vielen verschiedenen Schlüsseln aus der Brocki. Hurra!!!
Meistens kommen mir sofort Ideen, wie ich solche "Fundstücke" für meine Projekte verwenden kann. Das macht extrem Spass und die Kinder sind immer wieder erstaunt, was sie in unseren Kunstspiel Stunden erwartet.
Oben seht ihr Fotos von den Kindern in "Action". Es entstehen Schattenbilder auf der Zirkuslandschaft: Tiere, Akrobaten und besondere Wesen. Durch die verschiedenen Farbschichten, des Wand-Tape-Bildes wirkt alles schon viel lebendiger, viel "bespielter".
Meine Absicht, dass die Kinder immer wieder neue Bilder finden, verwerfen und wieder neu erschaffen gelingt auf diese Art und Weise ziemlich gut. Die erste Idee, das erste Bild muss nicht das Endgültige sein. Die Kinder sollen viel ausprobieren können und "arbeiten". Wie man ein Instrument üben muss, um es zu beherrschen, so sollte man auch im eigenen künstlerischen Schaffen das Experimentieren und Repetieren einplanen und wagen. Nicht alles ist "schön" was dann entsteht, aber man entwickelt seine Fähigkeiten weiter. Es entstehen nicht mehr stereotype Bilder, sondern individuelle witzige, eigene "Kreationen".
... und plötzlich lebt was.
Viele Bilder erzählen Geschichten und lassen die innere Welt des Künstlers für den Betrachter sichtbar werden. Dies ist der Einstieg und der Impuls für ein Weiterarbeiten an unserem grossen Zirkuspanorama.
Erste Flächen sind mit Masking Tape "abgesteckt". Langsam verselbständigt sich der kreative Prozess und die Kinder entwickeln zunehmend mehr Freiheit im Umgang mit dem "unbequemen" Material
Masking Tape und der Grösse der (Lein-)Wand.
Als Einstieg in den Schaffensprozess wähle ich dieses Mal die Geschichte(n) im Bild. Die Kinder zeichnen auf den Hellraumprojektor ihre Geschichte. Spannend! Das Ganze Szenario beginnt harmlos. Der Löwenkäfig steht ruhig und friedlich vor dem Zirkuszelt. Die Artistin dreht auf dem Einrad ihre Runden. Doch plötzlich beginnen sich Alle und Alles in die Lüfte zu erheben. Ein Seil verbindet die Teile und das Abenteuer nimmt seinen Lauf! Der Löwenkäfig rast geradewegs in Richtung der hübschen Artistin...
Wohin das alles führt wird, dass werden wir in den nächsten Wochen sehen. Ein Bild in verschiedenen Schichten und mit unterschiedlichen Geschichten...Fortsetzung
folgt!
Frühlingshafte Grüsse
Heike